Der Schulgarten Kagran

Liebe Pflanzenfreunde!

Wer durch Wien spaziert, dem wird auffallen, dass an vielen Stellen die Stadt prächtig mit Blumenschmuck verziert ist (ob das eine Steuerverschwendung ist, ist eine andere Frage). Dazu sind hunderte Gärtner unermüdlich im Einsatz. Die Expertise dafür kommt nicht von irgendwo.

In "Transdanubien" (also im Teil Wiens, der auf der anderen Seite der Donau liegt) gibt es einen Schulgarten, Schaugarten und Ausbildungsbetrieb (die Berufsschule für Gartenbau und Floristik), in dem angehende Landschaftsgärtner, Ziergärtner, Greenkeeper und Floristen alles übers professionelle Gärtnern und Blumenbinden lernen.

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Der Garten ist 6 Hektar (!) groß und enthält fast alles, was man sich nur wünschen kann, von Themengärten wie einen asiatischen (inkl. Seerosenteich mit Kois) oder mediterranen Garten über Obst- und Gemüseplantagen, Obstspaliere, Rosengärten, einen Giftkräutergarten, bis hin zu einem kleinen Fake-Friedhof, in dem sich zukünftige Friedhofsgärtner austoben können. Nur ein Biergarten fehlt 😄! Die Artenvielfalt macht dem botanischen Garten Wien Konkurrenz! Im Gelände befindet sich auch das Gartenbaumuseum mit vielen Objekten zur Geschichte des Gartenbaus.

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https://www.wien.gv.at/umwelt/parks/pdf/schulgarten-kagran-plan.pdf

Über einen Freund bekamen wir eine Sonderführung. Aber (fast) jeden ersten Donnerstag im Monat ist dort Tag der offenen Tür. Mehr Infos hier: https://www.wien.gv.at/umwelt/parks/schulgarten-kagran/

Dieser Wegweiser lässt schon erahnen, dass man hier Zeit braucht, wenn man alles erkunden will!
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In dem weitläufigen Gelände laden viele Ort zum Verweilen ein, im Schatten einer riesigen Platane...
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...oder in einem Original-Pavillon von der Weltausstellung 1873!
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Dieser Pavillon war lange Zeit in Privatbesitz, bevor der Besitzer ihn der Stadt Wien schenkte. Er hätte sich die aufwendige Restaurierung der damals sehr morschen Holzkonstruktion nicht leisten können. 1998 renoviert, ist der Pavillon jetzt beliebtes Motiv für Hochzeitspaare (es finden in dem Garten ca. 30 Hochzeiten pro Jahr statt).

Im malerischen Claude-Monet-Garten.
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Zwei Buchen (Fagus sp.) mit komplett unterschiedlichen Wuchsformen, einmal "trauerweidenartig" und dann verzweigt wie ein Busch.
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Ein Pagoden-Hartriegel (Cornus controversa).
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Er stammt aus Ostasien und dient hier meist als Zierpflanze.

Eine Passionsblume (Passiflora sp.).
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Es gibt über 500 verschiedene Arten, die meisten sind mehrjährige Kletterpflanzen mit sehr auffälligen Blüten.

Sonnenblumen (Helianthus annuus) Sorte "Teddybär"
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Über die Gewöhnliche Sonnenblume hatte ich ja schon hier etwas geschrieben, aber es gibt viele Sorten wie diese, die das ganz Jahr über blüht und deren Name wirklich treffend ist.

Es gibt hier auch dutzende Arten von Pelargonien, unter anderem die Pelargonium crispum, die extrem toll nach Zitrone duftet.
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Obwohl die Pelargonien zu den Storchschnabelgewächsen (Geraniaceae) zählen, ist der Name Geranien, unter dem sie manchmal laufen, nicht korrekt.

Der Friedhofsbereich mit echten Grabsteinen (Schenkungen diversen städtischer Friedhöfe).
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Böse Zungen behaupten, dass hier missliebige Lehrlinge der Gartenbauschule begraben liegen...

Im asiatischen Garten: Die Bonsaibäume sind hinter Gittern. Offenbar waren sie für manche Besucher zu verlockend.
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Im "Hexengarten" - hier wächst alles Giftige, wie zum Beispiel Tollkirschen (Atropa belladonna) ...
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... oder Kermesbeeren (Phytolacca).
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Keine der ca. 30 Arten ist bei uns heimisch, manche werden als invasive Neophyten betrachtet. Die Kermesbeeren wurden früher zum Färben von Rotwein oder Likör benutzt, trotz der stark abführenden Wirkung (bis es irgendwann verboten wurde).

Auch die Engelstrompeten (Brugmansia sp.), die ebenso wie die Tollkirschen zu den Nachtschattengewächsen gehören, sind stark giftig.
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Ursprünglich aus Südamerika stammend, wird die Pflanze aufgrund ihrer riesigen, auffälligen Blüten weltweit kultiviert. Sie enthält, wie Tollkirsche und Stechapfel, das anticholinerg wirkende Atropin, aber auch halluzinogene Substanzen wie Scopolamin, mit denen sich die Andenvölker in Rauschzustände versetzten (Quelle).

Weiter geht es zu den Nutzgärten, hier Gemüsebeete inkl. Vogelscheuchen.
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Aufgrund Personalmangel wird Mypex-Unkrautvlies benutzt. Diese Folien halten viele Jahre und sind komplett wasser- und luftdurchlässig, halten aber Unkraut vom Wachstum ab.

Artischocken (Cynara scolymus)
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Die Blütenköpfe müssen übrigens vor der Blüte geerntet werden, solange die Hüllblätter noch grün und fest geschlossen sind. Wenn man zu spät erntet, wird der Geschmack zäh und trocken (Quelle).

Aufgeblühte Artischocken - nicht mehr zum Essen, aber ein echter Hingucker.
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Auberginen (Solanum melongena), in Öst. auch Melanzani genannt.
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Der Name Melanzani stammt vom ital. mele insane, was "verrückte Frucht bedeutet (vgl. engl. insane) - man hielt früher die Auberginenfrüchte (wegen der Form?) für aphrodisierend! (Quelle).

Eine Apfelbaum-Chimäre mit 2 verschiedenen Apfelarten - Veredelung macht es möglich!
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Auch Kiwis (Actinidia) gedeihen hier.
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Aber es ist zu kalt, dass sie am Baum reif werden. Die Gärtner nutzen dafür einen Trick: Sie ernten sie unreif und Im Winter lagern sie die Kiwis zusammen mit Äpfeln im Kühlhaus. Das Ethylen der Äpfel lässt die Kiwis dann fertigreifen. Das ist auch der Grund, dass Bananen in der Nähe von Äpfeln schneller braun werden.

Apropos Bananen (Musa), die gibt es hier natürlich auch.
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Die Blätter sind zwar imposant, aber die Pflanzen erreichen in unseren Breitegraden nicht das Blütestadium.

Die "Blumeneule" unterstreicht den Bildungsauftrag des Gartens.
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Das Museum lohnt auch einen Besuch. Hier ist das Verkaufspult des letzten "historistischen" Blumengeschäfts in Wien rekonstruiert. Es stand um 1900 in 1010 Wien, Schwarzenbergstr.1-3.
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Ein typischen Wohnzimmer im historistisch-manieristischen Stil Wiens mit dem typischen "Makartbukett".
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Ich bekomme schon vom bloßen Anblick dieser Staubfänger eine Niess-Attacke. Diese vom Malerfürsten Hans Makart propagierten Gebilde bestanden aus exotischen Vogelfedern, getrockneten Palmblättern, vergoldeten Mohnkapseln, Pampas- und Emugraswedeln und anderem Blattwerk.

Zitat der Woche:

Was haben Chirurgen und Gärtner gemeinsam?
Wenn was schiefgeht, kommt Erde drüber!

All pics by @stayoutoftherz

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